
Die Revision im Steuerstrafverfahren – nur der letzte Strohhalm?
Sie sind wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden oder drohen verurteilt zu werden? Was kann man dann noch tun?
Wenn das Urteil noch nicht oder gerade eben erst gesprochen ist, können Sie auch gegen das Urteil noch vorgehen. Allerdings sind sehr kurze Fristen zu beachten. Nach der Urteilsverkündung, die am letzten Hauptverhandlungstag mündlich durch den (vorsitzenden) Richter erfolgt, muss innerhalb einer Woche Berufung oder Revision eingelegt werden.
Sie dürfen also nicht abwarten, bis Ihnen das schriftliche Urteil mit Begründung zugeht. Das passiert in der Regel einige Wochen – bei großen Verfahren sogar ggf. Monate – nach der mündlichen Verkündung. Dann ist die Frist zur Einlegung der Berufung oder der Revision bereits abgelaufen.
Wann ist die Revision gegen eine Verurteilung wegen Steuerhinterziehung das richtige Mittel?
Die Frage, wann die Revision das richtige Rechtsmittel ist, ist einfach zu beantworten: Wenn Sie von einem Landgericht wegen Steuerhinterziehung verurteilt wurden.
Dann ist die Revision nämlich das einzige Rechtsmittel. Das gilt unabhängig davon, ob das Landgericht die erste Instanz war oder bereits die zweite Instanz.
Nur bei Verurteilungen durch das Amtsgericht (Schöffengericht oder einzelner Strafrichter) bestehen zwei Möglichkeiten, nämlich Berufung einzulegen oder Revision. Dabei können Sie auch nachträglich noch von der Berufung zur Revision umschwenken. Sie können also innerhalb der Frist von einer Woche nach der Urteilsverkündung (Achtung: nach der mündlichen Urteilsverkündung s.o.) zunächst Berufung einlegen und dann nach Erhalt des schriftlichen Urteils zur Revision wechseln.
Wenn Sie gegen eine Verurteilung des Amtsgerichts Berufung einlegen, erfolgt eine Berufungshauptverhandlung am Landgericht.
Was unterscheidet die Revision von der Berufung?
Die Berufung führt dazu, dass das gesamte Verfahren noch einmal neu aufgerollt wird. Zeugen, die in der ersten Instanz beim Amtsgericht schon vernommen wurden, müssen am Landgericht in der Berufungshauptverhandlung noch einmal vernommen werden. Urkunden, die in der ersten Instanz verlesen wurden, müssen noch einmal verlesen werden. Auch für den Fall, dass Sie sich zur Sache einlassen wollen (was Sie wegen Ihres Schweigerechts jedoch nicht müssen), muss dies in der Berufungshauptverhandlung erneut geschehen.
Daher muss Ihre Berufung auch nicht mit einer Begründung versehen sein. Es steht ohnehin fest, was als nächstes zu geschehen hat, nämlich eben die vollständig neue Verhandlung der Sache. Im Einzelfall kann es aber sinnvoll sein, die Berufung zu begründen. Dies sollte im Rahmen einer Verteidigungsstrategie sorgfältig geprüft und entschieden werden.
Die Revision ist etwas völlig anderes. In der Revision wird nichts neu verhandelt. Das Revisionsgericht prüft nur das Urteil, gegen das sich die Revision richtet auf Rechtsfehler.
Zur Unterscheidung nennt man die anderen Instanzen (Amtsgericht und Landgericht) Tatsacheninstanzen oder Tatgerichte, weil dort die Tatsachen im Rahmen der Beweisaufnahme festgestellt werden, auf die das Urteil gestützt werden soll.
Das passiert in der Revisionsinstanz nicht. Das Revisionsgericht kann die festgestellten Tatsachen nicht durch andere Tatsachen, die ihm wahrscheinlicher erscheinen, ersetzten. Es kann auch kein Beweismittel erheben, um zu prüfen, ob das Gericht der Tatsacheninstanz den Zeugen richtig verstanden hat oder ähnliches. Es geht nur um Rechtsfehler des vorhandenen Urteils der Tatsacheninstanz.
Rechtsfehler können einerseits sein, dass die Regeln des Verfahrens nicht beachtet wurden, zum Beispiel wenn ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen gestellt wurde, der in der Tatsacheninstanz abgelehnt wurde, ohne dass es für die Ablehnung eine ausreichende Begründung gab.
Die zweite Kategorie von Rechtsfehlern sind die sogenannten sachlichen Mängel. Diese bestehen vereinfacht gesagt darin, dass das Tatgericht den Sachverhalt zwar ohne Verfahrensfehler festgestellt hat, aber auf Basis dieses Sachverhalts die Verurteilung wegen Steuerhinterziehung nicht erfolgen durfte. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts die Steuer, die hinterzogen worden sein soll, gar nicht entstanden war.
Was ist das Ergebnis der Revision?
Das Revisionsgericht kann die Revision als unzulässig verwerfen, wenn die Vorschriften über die Einlegung von Form und Frist nicht beachtet wurden.
Bei einer zulässigen Revision, bei der das Revisionsgericht jedoch keine Rechtsfehler erkennt, hält das Urteil und die Urteilsbegründung der Überprüfung stand und wird damit rechtskräftig. Ein direktes Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Revisionsgerichtes gibt es dann nicht mehr. In bestimmten Fällen kann eine Verfassungsbeschwerde gegen die Verurteilung eingelegt werden. Hier werden sind aber nur noch ganz bestimmte Rechtsverstöße, nämlich die gegen grundgesetzliche Bestimmungen, relevant. Die Möglichkeiten, die Verurteilung nach der Revision noch anzugreifen, sind also äußerst begrenzt.
Ist die Revision erfolgreich, hebt das Revisionsgericht das Urteil auf und verweist das Verfahren zurück an eine andere Kammer des Tatgerichts. Es kann dabei auch zu einer Teilaufhebung kommen, so dass ein Teil der Verurteilung rechtskräftig wird und über einen anderen Teil nochmal verhandelt werden muss. Das kann in Verfahren wegen Steuerhinterziehung zum Beispiel dann der Fall sein, wenn das Revisionsgericht nur bei einer Steuerart (z.B. Umsatzsteuer) ein Problem sieht, während es in einer anderen Steuerart (z.B. Einkommensteuer) das Urteil als rechtsfehlerfrei ansieht.
Schließlich kann das Revisionsgericht auch in der Sache selbst entscheiden (z.B. auf Freispruch), wenn das Tatgericht den Sachverhalt festgestellt hat, ohne Verfahrensfehler zu begehen und auf der Grundlage dieses Sachverhalts aus Sicht des Gerichts nur eine bestimmte Entscheidung in Betracht kommt.
Wann ist eine Revision sinnvoll?
Da es die letzte und auch in der Regel die einzige Chance ist, noch etwas gegen eine Verurteilung eines Landgerichts unternehmen zu können, ist die Revision grundsätzlich in vielen Fällen sinnvoll, vorausgesetzt, dass die Mittel zur Verfügung stehen, eine professionelle Revision zu beauftragen.
Gerade in Verfahren wegen Steuerhinterziehung gibt in der Revision viele Ansatzpunkte für die Verteidigung, weil es für die meisten Tatgerichte eine Herausforderung darstellt, die Urteile mit den entscheidenden steuerrechtlichen Gegebenheiten rechtsfehlerfrei zu begründen. Hier finden sich nicht selten sachliche Mängel, auf die man die Revision stützen kann.
Die Erfolgsaussichten der Revision hängen aber auch davon ab, was in der Vorinstanz geschehen ist. Dies betrifft insbesondere Verfahrensfehler. Viele Verfahrensfehler müssen in der Hauptverhandlung vor dem Tatgericht (also dem Landgericht oder Amtsgericht) ausdrücklich eine Rolle gespielt haben, um sie in der Revision angreifen zu können. Das betrifft zum Beispiel Beweisanträge, die zu Unrecht abgelehnt worden sind. Diese müssen natürlich erstmal gestellt worden sein, bevor durch ihre Ablehnung ein Verfahrensfehler begangen werden kann.
Fazit zur Revision in Verfahren wegen Steuerhinterziehung
Gerade im Steuerstrafrecht kann die Revision ein wirksames Mittel sein. Es ist jedenfalls nach einer Verurteilung durch ein Landgericht aufgrund einer Steuerhinterziehung das einzige Mittel das nutzbar ist, um die Verurteilung rechtlich überprüfen zu lassen.
Die Frist zur Einlegung der Revision mit einer Woche ist sehr kurz und muss bereits gegen das mündlich verkündete Urteil eingelegt werden. Auch die Revisionsbegründungsfrist ist mit einem Monat (als Regelfall) relativ kurz, so dass vorab schon geklärt sein muss, ob Revision eingelegt werden soll und welcher Verteidiger dies machen soll. Schließlich sollte bereits die Verteidigung in der Tatsacheninstanz die Revision „mitdenken“ und entsprechende Aktivitäten entwickeln, um die Erfolgschancen einer späteren Revision zu erhöhen.
Dadurch dass auch in der Revision die steuerrechtlichen Voraussetzungen einer Steuerhinterziehung von entscheidender Bedeutung sind, sollte die Revisionsbegründung auch mit steuerrechtlichem Know-How unterfüttert sein.
Als Rechtsanwalt, Steuerberater, Fachanwalt für Steuerrecht und Fachanwalt für Strafrecht verfüge ich über die Qualifikation, strafrechtliche Verurteilungen wegen Steuerhinterziehung in der Revision zu vertreten. Wenden Sie sich gerne an mich, wenn Sie einen Verteidiger benötigen.