Stille Reserven
Als stille Reserve wird die Differenz zwischen dem in der Bilanz Ihres Unternehmens angesetzten Wert (Buchwert) und dem tatsächlichen Wert von Aktiva (Grundstücke, Gebäude, Maschinen etc.) oder Passiva (Verbindlichkeiten, Rückstellungen) bezeichnet.
Der Begriff Reserve drückt aus, dass das tatsächliche (Rein-)Vermögen höher ist. Als still wird die Reserve bezeichnet, weil dieses höhere Vermögen aus der Bilanz nicht ersichtlich ist.
Ein typischer Fall der Bildung stiller Reserve ist die Bewertung von Wirtschaftsgütern bzw. Vermögensgegenständen zu fortgeführten Anschaffungs- und Herstellungskosten, welche zur Abweichungen vom tatsächlichen Wert führen kann.
Beispiel: Die Bonbon-GmbH aus Schwerin kauft Anfang des Jahres 01 eine Produktionsmaschine mit einer Nutzungsdauer von 10 Jahren zu einem Kaufpreis von 100.000 EUR netto. Die jährliche Abschreibung beträgt daher 10.000 EUR. Zum Ende des Jahres 10 ist die Maschine vollständig abgeschrieben. In der Bilanz wird sie mit einem Erinnerungswert von 1 EUR angesetzt. Die Maschine ist jedoch voll funktionstüchtig und auch hinsichtlich des Stands der Technik noch nicht veraltet. Wenn die GmbH die gebrauchte Maschine an ein anderes Unternehmen verkaufen würde, wären 30.000 EUR netto ein realistischer Marktpreis. Die stille Reserve beträgt also in diesem Fall 30.000 EUR (genau genommen: 29.999 EUR; 30.000 EUR (Marktpreis) – 1 EUR (Buchwert gemäß Bilanz).
Die Bildung stiller Reserven ist in vielen Fällen eine zwingende Folge aus den handels- und steuerrechtlichen Bewertungsvorschriften. In Einzelfällen könne stille Reserve durch das Nutzen von Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechten auch gezielt herbeigeführt werden.
Eine stille Reserve, wie sie im Beispielsfall dargestellt ist, ist steuerrechtlich zulässig bzw. sogar durch die handels- und steuerrechtlichen Vorschriften erzwungen. Solange das entsprechende Wirtschaftsgut im Unternehmen verbleibt, bleibt es auch bei der stillen Reserve.
Im Beispielsfall: Solange die Maschine in der Bonbon-GmbH eingesetzt wird, bleibt es bei dem Buchwert von 1 EUR und der entsprechenden Differenz zum realistischen Marktpreis, der sich natürlich im Laufe der Zeit verändern kann. In dem Maße ändert sich dann auch die stille Reserve.
Steuerliche Auswirkungen haben stille Reserven erst dann, wenn sie aufgedeckt werden. Das kann im Falle einer Entnahme oder Veräußerung des Wirtschaftsgutes der Fall sein. Diese Auswirkungen können im Einzelfall dramatisch sein, da sich insbesondere bei längerer unternehmerischer Tätigkeit stille Reserven in großer Höhe ansammeln können, die bei ihrer Aufdeckung zu einer entsprechend hohen Steuerlast führen können. Zudem ist die Auflösung der stillen Reserve (z.B. bei Entnahmen aus dem Betriebsvermögen) nicht immer mit einem Geldzufluss verbunden, so dass die Steuerzahlung zu erheblichen Liquiditätsschwierigkeiten führen kann. In diesen Fällen spricht man von der sogenannten trockenen Besteuerung.
Besondere Risiken hinsichtlich der Aufdeckung stiller Reserven entstehen in Fällen der Unternehmensnachfolge, der Unternehmensumwandlung sowie der bewussten oder unbewussten Begründung oder Beendigung von Betriebsaufspaltungen.