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Für besonders schwere Fälle wird der Strafrahmen des Abs. 1 gemäß Abs. 3 Satz 1 auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren verschoben. Bei der Regelung des Abs. 3 Satz 2 hat der Gesetzgeber vom Instrument der Regelbeispiele Gebrauch gemacht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es weder zwingende Voraussetzung für die Annahme eines besonders schweren Falls ist, dass eins der aufgezählten Beispiele verwirklicht wurde (sogenannter unbenannter besonders schwerer Fall),[1] noch dass die Verwirklichung eines der genannten Beispiele zwingend zur Annahme des besonders schweren Falls führt.[2]
Ganz allgemein gilt für die in Strafgesetzen vorgesehenen besonders schweren Fälle, dass ein solcher Fall dann anzunehmen ist, wenn sich der zu beurteilende Sachverhalt nach Abwägung aller Zumessungsgesichtspunkte hinsichtlich des Gewichts von Unrecht und Schuld so weit vom Durchschnitt der strafbaren Fälle des zu beurteilenden Deliktstyps abhebt, dass die Anwendung des erhöhten Strafrahmens geboten ist.[3]
Die praktische Anwendung eines unbenannten schweren Falls ist in der Praxis jedoch selten.[4]
Unabhängig davon, ob es sich um einen unbenannten schweren Fall handelt oder um ein benanntes Regelbeispiel müssen die Voraussetzungen nicht nur objektiv vorliegen, sondern der Vorsatz des Täters muss sich auch auf die Merkmale beziehen, die den besonders schweren Fall begründen.
[1] BGH, Urteil vom 27. Oktober 2015 – 1 StR 373/15, BGHSt 61, 28 Rn. 46 ff.
[2] BGH, Beschluss vom 21. Mai 2019 – 1 StR 159/19, wistra 2019, 466 Rn. 15: Jäger, in: Klein, AO, 18. Aufl. 2024, § 370 Rn. 277
[3] Fischer, StGB,71. Aufl. 2024, § 46 Rn. 88; Jäger, in: Klein, AO, 18. Aufl. 2024, § 370 Rn. 276
[4] Peters in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung – Finanzgerichtsordnung, 253. Lieferung, 07.2019, § 370 Rn. 707 ‚(nach dort vertretener Meinung zu selten); als Beispiel außerhalb des Steuerstrafrechts: BGH, Urteil vom 28. Februar 1979 – 3 StR 24/79, BGHSt 28, 318 Rn. 5 ff. (zum besonders schweren Fall geheimdienstlicher Agententätigkeit gemäß § 99 Abs. 2 StGB; die Verurteilung wurde insoweit vom BGH aufgehoben)