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Anmeldungssteuern (auch Fälligkeitssteuern genannt) werden nicht wie die Veranlagungssteuern durch Steuererklärung und nachfolgenden Steuerbescheid festgesetzt, sondern durch eine Anmeldung gemäß § 168 Satz 1 AO, die auf der Grundlage der eigenen Berechnung des Steuerpflichtigen als Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gilt. In den Fällen, in denen die Steuerberechnung des Steuerpflichtigen zu einer Steuererstattung oder Steuervergütung führt, hängt die Behandlung als Steuerfestsetzung von der Zustimmung des Finanzamts ab, die formlos möglich ist (§ 168 Satz 3 AO). In der Praxis wir die Zustimmung des Finanzamts häufig schlicht durch Auszahlung des entsprechenden Betrags erteilt werden kann. Wichtigstes praktisches Beispiel für die Anmeldungssteuern ist die Umsatzsteuer. Auch bei der Lohnsteuer, der Kapitalertragsteuer sowie den Verbrauchssteuern handelt es sich um Anmeldungssteuern.
Mit Eingang der unrichtigen oder unvollständigen Steueranmeldung tritt in den Fällen, in denen sich aus der Anmeldung des Steuerpflichtigen eine Zahllast ergibt, mit Zugang der Anmeldung beim Finanzamt Vollendung und Beendigung der Tat ein.[1] Eine Besonderheit gilt bei unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen. Da in diesen Fällen eine zusätzliche Pflicht zur Abgabe einer Jahreserklärung besteht, tritt Beendigung erst mit Einreichung der Jahreserklärung ein, da erst mit dieser das Ergebnis der Steuerhinterziehung gesichert wird.[2]
Die Streitfrage hat jedoch durch die Behandlung unrichtiger Voranmeldungen als mitbestrafte Vortat einer unrichtigen Jahreserklärung durch den BGH an praktischer Bedeutung verloren.[3] In den Fällen, in denen es nicht zu diesem Konkurrenzverhältnis kommt (z.B. weil vor Abgabefrist für die Jahreserklärung ein Strafverfahren eingeleitet wird) muss eine isolierte Beendigung der Tat mit Einreichen der Voranmeldung angenommen werden.[4]
In Erstattungsfällen führt erst die Erteilung der Zustimmung durch das Finanzamt zur Vollendung und Beendigung.[5]
Bei pflichtwidriger Nichtabgabe einer Steueranmeldung ist die Tat mit Fristablauf beendet.[6]
Für das Verhältnis zwischen Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuerjahreserklärung gilt ebenfalls – wie bei der Begehung durch aktives Tun – dass die Beendigung hinsichtlich der Nichtabgabe der Voranmeldung erst mit der Nichtabgabe der Jahreserklärung eintritt.[7]
[1] Rolletschke in: Rolletschke/Kemper/Roth, Steuerstrafrecht, 127. Lieferung 10.2024, §376 Rn. 43; Jäger, in: Klein, AO, 18. Aufl. 2024, § 376 Rn. 37; Wulf in: Münchener Kommentar zum StGB, 4. Auflage 2023, § 376 Rn. 32; Bülte in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung – Finanzgerichtsordnung, 253. Lieferung, 07.2019, § 376 Rn. 109
[2] BGH, Urteil vom 17. März 2009 – 1 StR 627/08, BGHSt 53, 221 Rn. 31; Wulf in: Münchener Kommentar zum StGB, 4. Auflage 2023, § 376 Rn. 35; Heuel, Hinterziehung von Umsatzsteuer, 2021, S. 347; a.A. jedenfalls für Steuerhinterziehung auf Dauer: Rolletschke in: Rolletschke/Kemper/Roth, Steuerstrafrecht, 127. Lieferung 10.2024, §376 Rn. 45
[3] Rolletschke, Steuerstrafrecht, 5. Aufl. 2021, S. 261
[4] Wulf in: Münchener Kommentar zum StGB, 4. Auflage 2023, § 376 Rn. 35; Heuel, Hinterziehung von Umsatzsteuer, 2021, S. 347; Rolletschke in: Rolletschke/Kemper/Roth, Steuerstrafrecht, 127. Lieferung 10.2024, §376 Rn. 46; Grommes, NZWiSt 2017, 201 <204>
[5] BGH, Beschluss vom 05. April 2000 – 5 StR 226/99, NStZ 2000, 427 <428>; Ebner in: Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl. 2023, § 376 Rn. 34
[6] BGH, Beschluss vom 13. März 2019 – 1 StR 520/18; wistra 2019, 424 Rn. 8; Jäger, in: Klein, AO, 18. Aufl. 2024, § 376 Rn. 38
[7] Wulf in: Münchener Kommentar zum StGB, 4. Auflage 2023, § 376 Rn. 41 ff.; Heuel, Hinterziehung von Umsatzsteuer, 2021, S. 350, jeweils mwN